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Nasse Büroklammern und der Esel Ed

Wo sieht man regelmäßig gestandene Männer mit Barbies, Kuscheltieren oder Puppen im Arm? Genau, im Kindergarten - oder vielmehr davor, wenn die Lieblingsspielzeuge unbedingt mal den Kiga sehen sollen, aber nicht dort bleiben dürfen. Der Kindergarten ist der erste große Schritt in die Selbstständigkeit - hier erleben die Kinder Dinge, von denen die Eltern nichts wissen. Heute wurden ein paar Geheimnisse gelüftet.

20140204_195801.jpgEs war Vorschul-Elternabend und die Eltern haben neben einigen Erklärungen auch praktische Beispiele der täglichen Kindergartenarbeit mit Vorschulkindern demonstriert bekommen. Wir durften (oder mussten) die Zaubertorte der Hexen Mimi und Mirakula malen und den passenden Zauberspruch dazu aufsagen. Sprechzeichnen nennt sich das und dabei wird unter anderem Sprache, Rythmus und Hand-Augen-Koordination geübt in 24 immer schwieriger werdenden Mustern geübt - eines pro Tag.

Als nächstes kam die Experiemente-Gruppe, bei der wir erstmal die Regeln lernen mussten, die auch die Kinder einhalten müssen. Diese sind ziemlich hart, denn wer nicht pünktlich (mit)kommt oder zwischendurch (und nicht vorher) auf die Toilette verschwindet, der darf nicht (wieder) rein. Dafür sind alle Experimente freiwillig und jeder kann entscheiden, ob er oder sie heute Lust dazu hat oder nicht.

So lernen die Kinder wissenschaftliche Aspekte des Alltags in einem Rahmen kennen. Für uns waren heute die Wasserläufer an der Reihe: Tiere, die über das Wasser laufen können. Erzählen kann man natürlich viel und so stand in der Mitte eine Wasserschüssel in der ein paar Büroklammern auf der Oberfläche schwammen. Im Gegensatz zu unseren Kids haben die meisten Eltern ihre Klammer konsequent versenkt anstatt sie schwimmen zu lassen.

Neben dem tatsächlichen Erforschen des Alltags werden dabei noch viele andere Dinge trainiert: Etwas in Ruhe machen, sich an Regeln halten und in der Gruppe Erfolg oder Mißerfolg haben.

Die letzte Station war die Schildkröte ohne Namen. Sie war schon etwas müde, denn sie hatte schon am Vormittag mit den Vorschülern gearbeitet und musste jetzt nochmal eine Sonderschicht für die Eltern einlegen. Arme Schildkröte, vor allem, weil sie keinen Namen hat und jetzt das ganze ABC-Land durchwandert, um einen zu finden.

Genau wie die Kleinen am Vormittag besuchten wir zusammen mit ihr den Esel Ed (der natürlich für das E steht). Er hatte seinen Edelstein verschluckt, was wirklich Pech war, denn dieser konnte Wünsche erfüllen und er hätte der armen Schildkröte doch bestimmt den Wunsch nach einem Namen erfüllt. So musste sie sich wieder auf den Weg machen und die Eltern wurden zwangsverpflichtet, um den Esel herum ein (mehr oder weniger) schönes Dorf zu malen. Mir graut es schon vor nächstem Montag, wenn Zoe das Ergebnis sieht. Diplomatische Kritikäußerung stand noch nicht auf dem Lehrplan...

Aber auch ernste Dinge waren Teil des Elternabends, denn in siebeneinhalb Monaten geht tatsächlich schon die Schule los. Zoe freut sich schon darauf und kann es kaum noch abwarten, aber trotzdem wird es ein harter Wechsel. Um diesen leicher zu gestalten, gibt es zusammen mit der Schule vorab diverse Aktionen.

Einmal im Monat werden die Vorschüler die Schule besuchen und von den aktuellen Drittklässlern etwas vorgelesen bekommen. Dazu dürfen ein Buch, ein Vorschulkind und ein bis zwei Drittklässler losziehen, sich einen kuschligen Platz irgendwo in der Schule suchen und dann vorlesen. Eine schöne Idee, bei der sich die Kinder bereits kennenlernen können.

Nach der Einschulung kommt dann die Fortsetzung: Jedes neue Kind bekommt einen Paten aus den dann vierten Klassen, der ihm den Einstieg erleichtern und alles in der Schule zeigen und erklären soll. Von so einer Patenschaft höre ich zum ersten Mal, aber so haben die Schulanfänger gleich einen Ansprechpartner und der Übergang vom bekannten, sicheren Kindergarten in die große Schule wird erleichtert.

Eine schlechte Nachricht gab es auch: Die Kiga-Übernachtung, auf die sich die Kinder teilweise schon gefreut hatten, ist abgesagt. Grund ist - typisch Deutschland - eine gesetzliche Vorgabe. Jemand Hochoffizielles hat nachgerechnet (vermutlich knapp 100 Jahre nachdem es die ersten Kindergärten in Deutschland gab) und festgestellt, dass Erzieher, wenn sie nach einem Arbeitstag im Kiga übernachten und dann am nächsten Tag noch auf die Kinder aufpassen, ganzdollvielzuvielundnochvielmehr Arbeitszeit ansammeln. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie es gerne und freiwillig machen oder das es für die Kinder - sogar für Bea damals - immer ein absolutes Highlight war. Wenn die Arbeitszeit überschritten wird, kennt der Gesetzgeber keinen Spaß und so hat unsere liebe Stadt - als Träger vieler Kigas im Stadtgebiet - pauschal verordnet, dass Übernachtungen nicht mehr stattfinden dürfen. Wie schade, dass ich das erst zwei Tage nachdem wir unsere Bürgermeisterkandidaten online mit Fragen durchlöchern durften, erfahren habe.

Was wohl der Gesetzgeber dazu sagen würde, dass ich manchmal an die 17 Stunden am Tag arbeite! Morgens um halb sieben aus dem Haus, mit dem Zug Richtung Süden, arbeiten, mit dem Zug zurück und um 22:00 oder 23:00 Uhr wieder da. Alles Arbeitszeit (und oft mache ich den Tip nicht, weil 6 Stunden Bahnfahrt am Tag schon anstrengend sind) und anscheinend hochgradig illegal. Aber Ihr verratet mich bitte nicht :)

 

1 Kommentar. Schreib was dazu

  1. Lieber Sebastian, ein schöner Bericht gespickt mit vielen Infos. Schon toll, was heute so alles passiert in einer Vorschule. Vielen Dank!

    LG
    Elke

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