Seitenanfang

Drahtseillandung

Dieser Post wurde aus meiner alten WordPress-Installation importiert. Sollte es Darstellungsprobleme, falsche Links oder fehlende Bilder geben, bitte einfach hier einen Kommentar hinterlassen. Danke.


Bei allen Zielen die wir bisher angesteuert haben, waren nur wenige in der unmittelbaren Umgebung von unserem Heimatflughafen Hannover. Um einen lange versprochenen Mitflug einzulösen war unser Ziel am letzten Samstag gleich um die Ecke: Rinteln International liegt gerade mal 10 Minuten außerhalb des Luftraums von Hannover mitten in den Bergen im Deister - und sollte dennoch eine Herausforderung werden.

Die ganze letzte Woche zeigte typisches Herbstwetter: Entweder gab es niedrige Wolken oder böigen Wind - beides keine guten Voraussetzungen. Am Samstag beruhigte sich die Wetterlage, erst Mittags war ein Gewitter bei Bremen angekündigt dessen Ausläufer in Form von Regenschauern bis nach Hannover reichen sollten. Regen tut uns nicht weh, allerdings kommt er meist aus tief hängenden Wolken.

Komfortabel war die Wetterlage tatsächlich nicht, aber der Wind war zumindest "fliegbar" und so haben wir Bea eingesammelt und uns auf den Weg zum Flughafen gemacht. Wir sind - spätestens seit dem stürmischen Flug nach Wangerooge - ziemlich windfest, auch wenn ich die Betriebsgrenzen der D-EXBS nicht unbedingt im Cockpit erleben möchte und die Flugplanung nach Rinteln war ungewöhnlich kurz: Hannover (EDDV), Pflichtmeldepunkte Wiskey 2 und Wiskey 1, Rinteln - fertig.

Tatsächlich war sie sogar noch kürzer, denn die inneren Meldepunkte (Wiskey 2 in diesem Fall) nehme ich nie in die Flugplanung auf. An dieser Stelle sind wir mitten im kontrollierten Luftraum in Sichtweite vom Flugplatz und an diesen Punkten haben wir im Cockpit weitaus besseres zu tun als noch ein Flightlog zu schreiben. Selbiges soll hauptsächlich bei Orientierungsverlust helfen und diese Gefahr besteht nicht wenn die Landebahn direkt vor einem liegt. Wer im Kreißsaal liegt überlegt auch nicht mehr ob man schwanger werden sollte.

Wenn wir gemeinsam fliegen, übernimmt meine Frau schon von Anfang an Aufgaben im Cockpit, dank Flugfunkzeugnis darf sie das sogar ganz legal. Fliegen muss ich zwar alleine, lege aber dennoch Wert auf eine möglichst - bitte nicht lachen - "professionelle" Zusammenarbeit und dazu gehört dass wir Entscheidungen gemeinsam treffen und sie genau wie ich einen Start- und Landeabbruch fordern kann. Speziell bei Wetterlagen die eigentlich nicht optimal zum Fliegen sind ist es wichtig, sich aufeinander verlassen zu können.

Bea war happy als sie den Flughafen sah, aber richtig begeistert als sie dann im Flugzeug saß - anscheinend macht Ihr das Fliegen wirklich Spaß. In der Luft schaut sie raus (und manchmal etwas irritiert wenn Zoe mal wieder einschläft und dabei zufällig auf Bea's Schoß rüberkippt).

Die  letzte Entscheidung ob der Flug durchgeführt wird fällt bei uns immer auf der Bahn, wenn einer Bedenken hat bleiben wir am Boden, aber die Bedingungen waren in Ordnung und so hoben wir von der 27 C in Hannover ab. Nach dem Start eine Linkskurve, die Wirbelschleppen der vorher auf der Südbahn gestarteten Boing vermeiden (in ungünstigsten Fall könnten uns diese leicht auf den Kopf drehen und im Steigflug noch recht niedrig wäre der Flug dann mit ziemlicher Sicherheit sehr schnell zu Ende) und entlang der A2 Richtung Dortmund den kontrollierten Luftraum verlassen.

[caption id="attachment_1813" align="aligncenter" width="560"] Panorama - anklicken lohnt sich. Das Original füllt zwei Widescreens nebeneinander.[/caption]

In der Luft merkten wir dann das Wetter, denn ruhige Luft ist definitiv anders. Ein Regengebiet zog gerade über Lauenau, aber die Wolken blieben hoch genug um sicher nach Rinteln zu gelangen. Der Platz selbst liegt am Fuß eines Berges, naja, eher Hügels, so dass zwischen Landebahn und Gegenanflug in der Platzrunde rund 300 ft. (etwa 100m) Höhenunterschied liegen. Die Landebahn in Rinteln gleicht aus der Luft gesehen einem Drahtseil: 600m Länge sind mehr als ausreichend, aber der 10m breite Asphaltstreifen stellte sich als wesentlich schmaler heraus als ich angenommen hatte - unsere Spannweite sind schon 11m.

Die Bahnen in Hannover sind 45m breit, dagegen wirkt Rinteln aus der Luft wie ein Modellflugplatz, auch wenn der Kopf weiß dass noch 10m auf jeder Seite als Grasbahn ebenfalls zur Landebahn gehören, möchte man doch den Asphalt treffen. Diese Dimensionen haben mich so irritiert, dass ich mich im ersten Anflug total verschätzt habe, wir hätten mit etwas Glück auf dem Ende der Bahn landen können, aber im Gegensatz zu einem Hubschrauber brauchen wir noch ein paar hundert Meter Bremsweg, also Vollgas, steigen, Klappen einfahren, nächste Platzrunde, ein ganz normales Verfahren.

Der zweite Anflug verlief schon besser, war allerdings immer noch zu hoch. Sekunden bevor ich mir sicher war kam von rechts das Kommando: Durchstarten! In so einem Moment ist grundsätzlich keine Zeit für Diskussionen oder Rückfragen, wenn einer den Landeanflug abbrechen will, dann tun wir es, also wieder Vollgas, Steigflug, nächster Versuch. Um nicht in die gefährliche psychologische Falle zu tappen, auf jeden Fall und unter allen Umständen Landen zu wollen, legten wir noch in der Platzrunde fest: Das wird der Letzte Anflug. Entweder passt die Landung oder wie fliegen zurück.

[caption id="attachment_1818" align="alignright" width="225"] Wo ist denn hier die Landebahn? Im Endanflug auf Rinteln kurz vor der Schwelle nur ein paar Meter über dem Boden.[/caption]

Jetzt rächte sich die Entscheidung, dem Wetter zu trotzen, etwas, denn auch in der Platzrunde herrschten raue Winde. Immer an der gleichen Stelle über der großen Sandgrube erwischte uns ein kräftiger Schüttler. Auf der einen Seite wollte ich möglichst langsam anfliegen - um so leichter wird die Punktlandung - auf der anderen Seite brauchten wir einen gewissen Geschwindigkeitsüberschluss um nicht von einer Böe auf einmal in den Strömungsabriss geweht zu werden - an diesem Punkt bieten die Tragflächen nicht mehr genug Auftrieb und in Bodennähe kann das unschön ausgehen, außerdem wird das Flugzeug um so seitenwindanfälliger um so langsamer es fliegt.

Bei dieser Platzrunde sanken wir früher, die Landeklappen wurden etwas früher ausgefahren und so sah der Anflug wesentlich besser aus, über den letzten Bäumen im in Landebahnverlängerung waren wir vielleicht 10m über den Wipfeln. Kurz vor der Landebahnschwelle traf uns eine Böe von der Seite und auf einmal war die Landebahn rechts anstatt gerade vor uns, Sekunden vor dem Aufsetzen, dennoch trafen wir die Bahn im sicheren Aufsetzbereich. Höhenruder voll ziehen, dazu Fahrwerksbremsen und wir waren am Boden - zugegeben unter Einbeziehung eines Rasenteils der Landebahn.

Zurückrollen, Stop-Engine-Checkliste, Parking-Checkliste, Zoe beruhigen. Wie, Zoe beruhigen? Vorher war mit gar nicht bewusst aufgefallen das sie angefangen hatte zu weinen, allerdings hat das Flugzeug in der Luft - und insbesondere im Landeanflug - Vorrang. Wer jetzt allerdings glaubt, sie hätte durch die drei Anflüge Angst bekommen, der irrt gewaltig, sie hatte sich gestoßen - und wollte das Flugzeug am Boden nicht verlassen, denn draußen war es ja windig.

Der Anblick von Ben beschleunigte sie dann allerdings. Ben ist nicht etwa ihr Kiga-Freund, sondern der Hund meiner Schwiegereltern - die uns am Flugplatz erwarteten. Zoe, Ben und Opa sind dann mit dem Auto und Oma,meine Frau, Bea und ich mit dem Flugzeug wieder los. Der Rückflug war ruhiger, kurz vor Hannover hatten wir allerdings das Regengebiet wieder eingeholt.

Wieder der A2 folgen, parallel zum Flugplatz, schnell vor einem Lufthansa-Jet im Landeanflug durchquetschen (is ja gut, er war noch rund 18km entfernt), eindrehen auf den Endanflug 27R, einen kurzen Moment die voll beleuchtete Landebahn genießen - immer wieder ein toller Anblick - und dann auf die Landung konzentrieren. 45m Breite erwarteten uns und stabiler Wind ermöglichte eine butterweiche Landung - genau passend mit Schwiegermutter an Bord :)

Den Rest des Tages haben wir bei Oma und Opa verbracht (der mit Zoe und Ben länger für die halbe Strecke mit dem Auto gebraucht hatte als wir mit dem Flugzeug) und mir ist das eine oder andere zu Bea klar geworden, aber das füllt einen anderen Post...

Das letzte Foto ist übrigens ohne die typischen Propellerstreifen nach einem Tipp von Clobber entstanden, bessere Fotos findet Ihr auf seinem Blog.

 

6 Kommentare. Schreib was dazu

  1. argh...das hat meiner flugangst so gar nicht geholfen!
    aber danke, das du uns "so" hast mitfliegen lassen :)


    das wort was bei mir hängenbleiben wird, ist : wiskey...oh man


    lg socke

  2. Heya Pal,
    jetzt mal grundsätzlicher: Dein Blog gefällt mir sehr gut. Gertade dein Schreibstil und deine Geschichten über das Hobbyfliegen haben es mir angetan... Ich bleibe am Ball!
    Grüße, lici


    p.s. ...würde soo gerne mal mitfliegen... ;)

  3. [Imported from blog]

  4. [Imported from blog]

  5. [Imported from blog]

  6. [Imported from blog]

Schreib was dazu

Die folgenden HTML-Tags sind erlaubt:<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>