Seitenanfang

Besucher, Fische und Drogen

Dieser Post wurde aus meiner alten WordPress-Installation importiert. Sollte es Darstellungsprobleme, falsche Links oder fehlende Bilder geben, bitte einfach hier einen Kommentar hinterlassen. Danke.


Gestern war Vatertag, den Brückentag frei nehmen lohnt sich nicht so ganz, wenn ich eh zu Hause bin. Der Tag selbst war dann eher ruhig, der Abend allerdings weniger.

48h hours earlier... Naja, so ungefähr zumindest. Wir haben Post bekommen, von der Region Hannover. Da Bea jetzt ja schon einige Zeit in der Wohngruppe ist, würden sie sich mit Regionsvertreter und Amtsärztin gerne ein Bild davon machen und sie am Soundsovielten besuchen und wir sollten falls möglich auch dabei sein. Hmm, grundsätzlich können sie ja kontrollieren was sie wollen, allerdings sehe ich da ein kleines Problem. Entweder haben wir seit 13 Jahren eine Zwillingsschwester übersehen oder meine Frau, Zoe und ich leiden an Halluzinationen. Denn als der Brief kam, sahen wir Bea gerade im Garten spielen.

Da Behörden und Ämter immer Recht haben, muss es wirklich eine Illusion sein, dass wir seit geschlagenen drei Monaten auf die Zusage der Region warten, allerdings handelt es sich ja auch nur um ein beschleunigtes Verfahren. Für eine Rückfrage war der Absender natürlich telefonisch nicht zu erreichen, auch heute nicht. Mal schauen, vielleicht gibts da einen Bea-Klon von dem wir nichts wissen???

Aber zurück in die Gegenwart: Heute morgen wollte ich eigentlich etwas "ausschlafen" und hab den Wecker auf Viertal nach Sieben gestellt, dabei allerdings nicht mit meinem Biorhythmus gerechnet - 20 nach 6 war ich wach. Gut, Arbeit ist genug zu tun. Für 9:00 Uhr hatten sich zwei Nachbarskinder angekündigt um mit Zoe zu spielen, wenn auch etwas unfreiwillig - denn beide Eltern mussten zu einem Termin, aber da heute Schul- und Kindergartenfrei war , konnten alle drei den Vormittag gemeinsam nutzen.

Praktisch dass meine Frau Freitags auch frei hat, so mussten die Kollegen am Telefon nur etwas Kinderlärm im Hintergrund in Kauf nehmen. Gestört hat das anscheinend keinen, zumindest hat sich keiner beschwert. :-)

Irgendwann waren sie dann alle wieder weg und auch meine drei Frauen waren unterwegs als gegen fünf das Telefon klingelte - Bea's Wohngruppe. Sie haben heute(!) die Zusage der Region Hannover zur Kostenübernahme in der Post, Bea kann also zum 1.5.2012 dort einziehen, wenn da nicht ein kleines Problem wäre: Wir haben den 18.5. (ja, auch 2012), aber über diese temporale 18-Tage-Problem mache ich mir jetzt keine Gedanken mehr. Zu viel nachdenken über temporale Paradoxien kann einen verrückt machen - und ich meine das durchaus im medizinischen Sinne.

Jetzt ist er also da, der Tag den wir mit sehr gemischten Gefühlen seit Februar erwarten. Ein Umzugstermin steht noch nicht genau fest, aber nächste Woche wird es soweit sein, spätestens am Freitag zieht unsere "Große" aus und um. Ein komisches Gefühl.

Am Anfang stand die Entscheidung, die uns nicht leicht gefallen ist, danach war es ein Verwaltungsakt mit Papierkrieg und ewigem Nachfragen. In dieser Zeit habe ich das Ganze mehr oder weniger emotional ausgeblendet, denn es war nur Papier, das hin uns her geschickt wurde, ein paar Formular ausfüllen, viele Kopien machen, drüber schmunzeln das Bea's Ehemann sein Einkommen offenlegen soll (bei einer 13jährigen! Zumindest soweit ich weiß ist sie noch Single und wird das vermutlich auch lebenslang bleiben wenn sie sich nicht emotional und rational extrem weiterentwickelt) und sich über das ärgern was die Ämter unter einer "schnellen Bearbeitung" verstehen.

Jetzt ist das alles erledigt und ich habe - glaube ich - noch nicht richtig realisiert was das bedeutet, genauer gesagt, was es für nächste Woche bedeutet - und die ist gar nicht mehr so fern. Ganz nebenbei bin ich ziemlich entsetzt über den ganzen Vorgang. Bei Bea war die Dringlichkeit geboten, damit der Platz nicht anderweitig vergeben wird, aber was wäre, wenn sie wegen Misshandlungen umziehen müsste? Man darf sich das gar nicht vorstellen: Wenn sich im Februar ein Kind an eine Vertrauensperson gewendet und diese sofort und richtig reagiert hätte, dann hätte es noch drei Monate zu Hause aushalten müssen? Nein, da darf man gar nicht drüber nachdenken.

Momentan bin ich eigentlich auch etwas froh darüber, denn Bea hatte heute wieder verstärkt Umfälle. Dabei hat sie einen Anfall der sie selbst aus dem Gleichgewicht bringt, die Reflexe reichen noch aus um ein, zwei Schritte zu machen in dem Versuch, das Gleichgewicht wiederzuerlangen, aber meist war es dann mit der Koordination vorbei und sie lag am Boden. Draußen auf dem Rasen ist das kein größeres Problem, aber im Haus kann es schnell zu ernsthaften Verletzungen führen. Vor ein paar Tagen hat es sie auf der Treppe "erwischt", glücklicherweise waren es nur drei Stufen und sie ist - anscheinend - fast gar nicht schmerzempfindlich. Wenn die Spülmaschine ein- oder ausgeräumt wird, muss sie schon seit längerem mindestens eine Körperlänge Abstand halten, denn wenn sie umkippt und womöglich in den Besteckkorb fällt, sind Kind und Maschine kaputt.

Zurück zum Tag: Seit einer Woche wünschte sich meine Frau Fischstäbchen. Allerdings nicht die in freier Wildbahn gefangenen, die typischerweise in Rudeln konstanter Größe in Pappschachteln leben, sondern selbst gemachte. Das geht einfacher als man denkt: Ein halbwegs festes Fischfilet in passende Streifen oder Stücke schneiden, in Mehl, Ei und gewürzter Panade wälzen und in der Fritteuse ausbacken, dazu passende Beilagen - fertig.

Die erste Portion "Fischschnitzel" waren gerade schon wieder aus ihrem Ölbad befreit und verzehrbereit, da kam aus dem Wohnzimmer der Ruf: "Diazepam!" Also den Fisch - auch die noch im Fett schwimmenden Stücke - Fisch sein gelassen, zum Kühlschrank gesprintet, die vorletzte Alupackung gegriffen und auf dem Weg ins Wohnzimmer geöffnet und zur Anwendung vorbereitet. Dort lag Bea in einem ihrer "schweren" Anfälle und kam diesmal auch nach der Diazepam-Dosis nicht recht raus. Es dauerte gefühlt ein oder zwei Minuten bis die ärztlich verordneten Drogen wirkten und sie wieder halbwegs normal war.

Essen wollte sie jetzt natürlich nicht mehr, sondern nur noch ins Bett und auf der vorletzten Stufe kam dann anscheinen die volle Wirkung durch. Jeder der schon einmal einen kräftigen Rausch hatte, kann sich vielleicht ansatzweise vorstellen wie es ihr in diesem Moment geht, nur mit dem Unterschied dass die Wirkung bei ihr nicht nach und nach mit jedem Glas zunimmt, sondern anscheinend von einer Sekunde auf die andere mit voller Wucht kommt. Egal, Mama stand daneben und war vorbereitet, also ist nichts weiter passiert, außer vielleicht dass sie morgen früh nicht mehr wissen wird, wie sie ins Bett gekommen ist.

Die Fischstäbchen haben wir mit Zoe dann doch noch gegessen... nein, stop, deutsche Grammatik... Wir haben natürlich nicht Zoe als Beilage zu den Fischstäbchen verspeist, sondern meine Frau, Zoe und ich haben Fischstäbchen und Beilagen vernichtet. Erstere sind eigentlich ganz gut geworden obwohl ich vorher skeptisch war.

So, ich mache jetzt Schluss für heute, allerdings nicht ohne nochmal auf das Gewinnspiel hinzuweisen.

 

1 Kommentar. Schreib was dazu

  1. Zum Thema Bea & Umzug lasse ich mich in meinem Blog noch aus, aber zum Thema Bearbeitungszeit bei mishandelten Kindern ist, meines Wissens nach, die Vorgehensweise so dass das Kind kurzfristig erst mal in einer Pflegefamilie untergebracht wird, wärend die weitere Bearbeitung läuft.

Schreib was dazu

Die folgenden HTML-Tags sind erlaubt:<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>