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Gestörte Nachtplatzrunden

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Andrea sorgte gestern für weitgehend schönes Flugwetter - solange man die Windgeschwindigkeiten ignorierte. Heute sah es besser aus, nur irgendwie... dunkel. Fehlte nur noch ein Störfall an Bord, aber der Reihe nach...

Bei 30kt. Wind mit Böen bis zu 46kt. könnte eine 172er praktisch schon im Stand abheben, andererseits wären ein kontrollierter Start und eine sichere Landung nicht denkbar gewesen. Heute fühlten wir uns dagegen wie im Auge des Sturms. Ein paar kleine "Few"-Wölkchen tollten sich in 2.500 bis 3.000ft. bei Sichten weit über 10 km und höchstens 10kt. Wind oder anders gesagt: Fast perfektes Winterflugwetter!

Der nächste Schritt nach der "normalen" PPL-Lizenz ist die Nachtflugausbildung und diese beginnt - fast wie in alten Anfängertagen - mit Platzrunden. Also Lehrer organisiert und auf zum Flughafen. Den obligatorischen Vorflugcheck um eine Prüfung aller verfügbaren Lampen und Lichter erweitert und schon waren wir startbereit. Theoretisch, denn auf den Einleitungsanruf antwortet die Rollkontrolle mit "Ich rufe zurück".

Das gab mir wenigstens ein bisschen Zeit um noch ein paar Dinge mit GPS und HSI auszuprobieren. In der Platzrunde ist das GPS recht nutzlos, also waren die Einstellungen irrelevant. Nachdem wir hinter einer Lufthansa und einem Turkish Air Airbus endlich zur 27R rollen durften, konnte ich zum ersten Mal die volle Befeuerung der Taxiways bewundern. Wer sich da verfährt, ist selbst schuld :-)

Schließlich standen wir am Abflugpunkt und es hieß "Start frei 27-rechts". Der Wind hielt sich nicht an die Vorhersage (300°) sondern lag die ganze Zeit brav direkt auf der Bahn, nur in 1000ft. wurden wir etwas abgetrieben.

Bis hierher war alles wie üblich, lediglich der "Modus Weihnachtsbaum" - alle Lichter eingeschaltet - war neu, aber direkt nach dem Take-Off änderte sich das schlagartig. Eben waren wir noch auf der hell beleuchteten Bahn, aber mit Anheben der Nase zum Steigflug lag vor uns ein schwarzes Nichts, als hätte jemand die Scheibe blickdicht angemalt. Zur Seite sah man zwar noch die Lichter von Flughafen und Stadt, aber wer sonst als VFR-Flieger Sichtkontakt zum Boden oder Horizont gewohnt ist, findet sich plötzlich in einer sehr ungewohnten Situation vor.

Ich habe schon immer viel und gerne mit den Instrumenten gearbeitet und hatte jetzt auch keine Probleme, mir die Platzrunde zu erfliegen, aber beispielsweise den Wolkenabstand könnte ich nicht einmal schätzen - denn sie waren einfach nicht sichtbar. Noch war alles in Ordnung, aber das sollte nicht so bleiben.

Gegenanflug, Funken, Landefreigabe, drehen in den Endanflug auf die hell erleuchtete Bahn, kurzer Blick nach links... ja, ich fliege tatsächlich die 27-rechts an. Höheneinschätzung? Quasi nicht vorhanden, denn die Beleuchtung macht es extrem schwierig, die eigene Höhe oder den Anflugwinkel zu kontrollieren. Früher hieß es immer "ein Auge auf dem Fahrtmesser, eines auf der Bahn", jetzt war ein Weiteres auf dem Höhenmesser und ich habe für mich selbst die 200ft. über Grund und 100ft. über Grund angesagt. Erst im Schwebeflug direkt vor dem Aufsetzen verriet der Blick zur Seite die verbleibende Höhe, denn dort beleuchteten unsere Landelichter und die Bahnbefeuerung den Beton etwas. Sanft abfangen und - butterweiche Landung. Hatte ich schon erwähnt, dass eine 3,8km - Landebahn für einen Flieger mit 600m Landestrecke extrem luxuriös und beruhigend ist?

Klappen rein, Vollgas und wieder in den Nachthimmel durchstarten, diesmal fühlte es sich schon viel besser an, im Gegenanflug konnte ich sogar einen kurzen Blick auf die Landebahn und den Flughafen werfen. Sobald ich die NFQ habe, darf meine Frau mit - und dann gibt es auch Bilder. Wieder eine frühe Landeerlaubnis, eindrehen in den Queranflug, ein kurzer Endanflug und eine eben so schöne Landung.

Vor der dritten Landung hatten wir viel Verkehr und durften Vollkreise drehen bis wir auf die 27L geschickt wurden. Etwas weniger Beleuchtung, aber trotzdem alles in Ordnung, Klappen rein, Vollgas, Steigflug, Warnleuchte... Wie bitte? Im Leerlauf ist eine gelegentliche Meldung der Generator-(Alternator)-Spannung mehr oder weniger normal, aber diesmal leuchtete sie im Steigflug bei Vollgas: "VOLTS" in großen roten Buchstaben deutete auf nichts Gutes hin. Der Kontrollblick zur Ladekontrolle bestätigte den Verdacht: Die Batterie entlud sich recht schnell, einige Ampere flossen in die volle Beleuchtung plus alle Avionikgeräte.

Flugzeugbatterien sind genau wie ihre Verwandten im Auto zum Start des Motors gedacht und ermüden recht schnell wenn sie die ganze Bordelektronik versorgen müssen. Ein Flugzeugmotor läuft zwar auch ohne Batterie weiter, aber ein Funkausfall ist schon bei Tage kein Vergnügen und bei Nacht möchte ich ihn schon gar nicht erleben. "VOLTS" weiterhin, auch nach dem Level-Off in 1.200ft. und so waren wir uns sofort einig, nach der nächsten Landung nicht wieder zu starten bevor die Werft das Problem nicht untersucht hatte.

Mein Lehrer griff jetzt zum ersten Mal in den Funk ein, meldete unser Problem und forderte eine Prioritätslandung an. Kein Notfall, das Flugzeug war unter Kontrolle, aber dennoch wollten wir nicht länger als nötig in der Luft bleiben. Viele der hannoverschen Tower-Lotsen sind schon lange dabei und der gerade diensthabende ist selbst Pilot und Fluglehrer, so bekamen wir noch im Querabflug die Landefreigabe. Damit blockierten wir zwar bis zur Landung die 27R, aber wenn die Batterie jetzt schlapp machen würde und wir keinen Funk mehr hätten, könnten wir bedenkenlos landen.

Trotz der roten Warnanzeige wurde die Landung schließlich Routine. Bereits in der Luft hatten wir GPS, MFD und alle gerade nicht benötigten Geräte abgeschaltet, am Boden folgten dann der vertretbare Teil der Beleuchtung, Transponder  und was sich noch abschalten ließ.

Jetzt stellten wir auch fest, dass die Alternator-Sicherung ausgelöst hatte und ein Wiedereinschalten die Anzeige beseitigte. Die Reaktivierung hätte allerdings auch zu einem Kurzschluss und komplettem Versagen der Stromversorgung führen können - in der Luft ein unnötiges Risiko wenn man ohnehin in der Platzrunde eines Flughafens ist. Trotzdem bleibt die Maschine am Boden, bis die Werft einen Blick auf das Problem geworfen hatte.

Was wäre passiert, wenn uns wirklich in der Luft der Strom ausgegangen wäre. Eine klassische Landung-ohne-Funk nach Lehrbuch hätten wir wohl nicht durchgeführt, denn in dieser Höhe kann man den Tower durchaus per Handy anrufen, aber die Situation hat mich dennoch etwas zum Nachdenken gebracht. Am Tag ist eine Landung auf einem Platz außerhalb der Kontrollzone kein Problem, aber in der Nacht bleiben nur Braunschweig, Bremen und Hamburg zum Ausweichen - und alle haben kontrollierte Lufträume.

Noch schlimmer: Nachts ist eine Sicht-Navigation quasi unmöglich und ohne Transponder wird auch eine Identifikation durch einen Lotsen schwierig, selbst wenn man den Funk durch ein Handy ersetzt. Ich werde jetzt wohl Ausschau nach einem batteriebetriebenen Handfunkgerät halten...

 

2 Kommentare. Schreib was dazu

  1. Stephan

    Hallo,
    ich war ein paar Jahre Segelflieger, kam aber über große Platzrunden nie hinaus, trotz bestandenem Flugfunkzeugnis, aber ohne Theorieprüfung und Abschlußprüfung für PPL-C
    "Höheneinschätzung?Quasi nicht vorhanden, denn die Beleuchtung macht es extrem schwierig, die eigene Höhe oder den Anflugwinkel zu kontrollieren. "

    Kann man nicht aus der Form der leuchtenden Landebahnbegrenzung und aus der Größe der Lichter ungefähr auf die Ausrichtung und den Flugwinkel schließen?
    Und was ist mit dem künstlichen Horizont? Oder ist der zu teuer in so einem Flugzeug?
    Sind auf den Anflugblättern auch jeweils die Tower-Telefonnummern eingetragen?

    • Sebastian

      Bis zur Landebahn findet man schon problemlos, aber erst in einer solchen Situation macht sich bemerkbar, wie viel unbewusstes Training mit in der Landung steckt. Nur mit den Lichtern hätte ich meine Höhe um mindestens 200ft. zu hoch eingeschätzt, vielleicht eher 500ft. Der künstliche Horizont ist natürlich an Bord (für Nachtflug sogar vorgeschrieben), aber er liefert auch keine Höheninformation. Einzig ein Radarhöhenmesser (arbeitet ähnlich wie die im Baumarkt erhältlichen Laser-Entfernungsmesser) wäre verlässlich, aber der ist für ein so kleines Flugzeug wirklich zu teuer.
      Ich glaube nicht, dass die Telefonnummern im Anflugblatt stehen, allerdings habe ich den Turm von Hannover im Handy gespeichert und zur Sicherheit das komplette IFR-Set als PDF dabei, dort stehen sie auch. Theoretisch würden notfalls auch Google oder die Auskunft helfen, in der Praxis wäre auch der Transponder ausgefallen und wenn eines von zwei oder drei Flugzeugen im Radarbereich plötzlich vom Schirm verschwindet, sollte der Lotse sich denken können, das etwas nicht stimmt. Für diesen Fall hängt eine "Leuchtpistole", ein Handscheinwerfer mit farbigen Blenden, im Turm. Die verschiedenen Leuchtsignale solltest Du als BZF-II Inhaber kennen :)

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