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Hor(ror)mone

Bea war beim Endokrinologen, sogar ein paar Mal und heute war das Abschlussgespräch. Da wir schon seit etwa zwei Jahren keine neuen Überraschungen mit Bea erlebt haben, war die nächste überfällig.

Blutentnahme.jpgBisher war Bea 1,5 bis zwei, 10 und 14,5 Jahre alt. Geistiges, körperliches und Papieralter, in dieser Reihenfolge, aber heute ist eines dazugekommen, ein Knochenalter. Demnach ist sie 12 Jahre und dieser zweieinhalbjährige Rückstand auf die Zeit seit ihrem Schlüpftag ist ausnahmsweise mal positiv, denn demnach wird sie noch wachsen.

Bea hat dort, wo mindestens eine 9 stehen sollte, eine 4,9 und da, wo eine 800 normal ist und nichtmal 300. Alles klar? Gut, mir auch. Zusammengefasst (und für Normalsterbliche übersetzt) hat sie wesentlich zu wenige Wachstumshormone. Ausnahmsweise lies sich nicht nur das Symptom - ihr Knochenalter - bestimmen, sondern auch die Ursache eingrenzen. Alle typischen Begleiterscheinungen sind ausgeschlossen, also ist die Ursache unzweifelhaft ihr Kopf, der zu wenige Hormone produziert.

Zur Abwechlung ist die Diagnose mal ziemlich exakt und die Behandlung einfach und risikolos. Sie bekommt in Zukunft künstliche Hormone - eine Spritze täglich. Was sich zunächst dramatisch anhört, ist recht unkompliziert, denn die Gabe erfolgt genau wie bei Insulin über einen Injektionspen unter die Haut mit sehr kleinen Nadeln.

Noch ein Unterschied zu ihren Anti-Anfalls-Mittelchen: Wenn sie sich nicht für die täglichen Injektionen begeistern lässt, können wir jederzeit damit aufhören. Kein "langsames runterfahren", keine Nebenwirkungen, sie würde wohl einfach nur nicht größer als 1,50m werden, was aber - vor allem im Vergleich zu ihren anderen Einschränkungen - recht egal wäre. Nächste oder übernächste Woche - so die Planung - soll die Therapie anfangen.

Der Arzt, der sie untersucht und die Diagnose gestellt hat, war sehr einfühlsam und hat versucht, uns das Problem so schonend wie möglich beizubringen, dabei war das gar nicht nötig. Ihre Entwicklungsstörung ist uns seit langem bekannt und dafür ist nicht relevant, ob die Ursache auch medizinisch gesichert ist. Das hört sich vielleicht teilnahmslos von mir an, aber im Vergleich zu allen anderen medizinischen Erkenntnissen und Unklarheiten ist eine (leichte) Wachstumsstörung recht egal, zumal sie behandelbar ist.

Diese jetzt nochmal bestätigt zu bekommen war weder Schock noch Erleichterung, einfach nur eine Information, die für das Grundproblem und auch für Bea keine wirkliche Relevanz hat. Solange es ihre Lebensqualität nicht beeinflusst, bekommt sie die Therapie, sonst wird sie abgesetzt, so einfach ist das. Wenn sie - wovon ich momentan ausgehe, auch wenn sich solche Sachen bei ihr nie genau vorhersagen lassen - den täglichen kleinen Pieks problemlos akzeptiert, ist das gut. Entscheidet sie für sich, dass die Injektion einen täglichen Zickenaufstand wert ist, hören wir (bzw. die Wohngruppe) damit auf.

Ganz nebenbei haben wir heute erfahren, dass sich ihre Klassenlehrerin, mit der wir in letzter Zeit einige Differenzen hatten, per sofort aus persönlichen Gründen (die näher genannt wurden, aber nicht ins Internet gehören) aus der Klasse verabschiedet hat. Auch wenn wir nicht immer einer Meinung waren - insbesonere darüber, ob sie oder der behandelnde Arzt die Medi-Dosierungen festlegen sollte - wünsche ich ihr alles gute für ihren weiteren Lebensweg.

 

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