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Fly the airplane

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Kürzlich wurde ich gefragt, was wir machen, wenn Bea in der Luft einen Anfall bekommt. Die Frage habe ich zwar schon kurz direkt beantwortet, möchte dies aber trotzdem nochmal etwas ausführlicher nachholen.

Grundsätzlich hat Bea in der Luft fast nie Anfälle gehabt und auch im Auto glücklicherweise abgesehen vom Tag ihres Umzugs keine schweren. Sollte sie dennochmal mal in der Luft eine schwerer erwischen, bleibt uns nur noch eines: Runter!

In Deutschland gibt es eine sehr hohe Flugplatzdichte, fast überall ist die nächste Landebahn recht nahe. Wir müssen zwar theoretisch nicht ständig auf einer aktiven Funkfrequenz angemeldet sein, aber in der Praxis melden wir uns immer beim FIS, dem Fluginformationsdienst, an, auch unabhängig von Bea.

Gibt es einen medizinischen Notfall an Bord, wird dieser sofort gemeldet, das alleine reicht normalerweise schon aus, damit der Lotse alle mögliche Hilfe bietet. Das kann zum Beispiel der Kurs zum nächsten Flugplatz sein, ein Anruf dort um den Platz vorzubereiten oder einen Notarzt dort hin zu schicken.

Reicht dass nicht aus gibt es ein Zauberwort: "Mayday" oder zu deutsch die "Luftnotlage". Bei einem medizinischen Notfall, wie ein schwerer Anfall bei Bea, kann der Pilot nach eigenem Ermessen eine Luftnotlage erklären und damit umfangreiche Abläufe in Ganz setzen.

Beispielsweise wird jetzt soweit notwendig der andere Verkehr aus dem Weg geräumt, vom kleinen einmotorigen Flieger bis hin zur Linienmaschine, spätestens jetzt werden Notarzt und meist auch prophylaktisch die Feuerwehr zum geplanten Landeplatz geschickt und die meisten Vorschriften und Regelungen außer Kraft gesetzt, vergleichbar mit dem Blaulicht auf der Straße.

Ein großes Risiko besteht bei solchen Notfällen, und zwar immer dann, wenn Panik die Crew befällt. Natürlich kann ich nicht vorhersehen wie ich in einer solchen Situation reagieren würde, aber bei leichteren Störungen (die nicht in einem Mayday oder ähnlichem endeten) haben meine Frau und ich schon bewiesen, dass wir uns als eingespieltes Team aufeinander verlassen können.

Zunächst werden die Passagiere vom Interkom abgekoppelt. Normalerweise können sich alle an Bord über die Headsets miteinander unterhalten, über einen kleinen Schalter können jedoch Pilot und Copilot einzeln oder gemeinsam von den anderen abgeschottet werden, der sogenannte "Crew-" oder "Isolation Mode". Was auch immer "da hinten" oder im Zweifelfsfall (wenn meine Frau nicht dabei ist) auf dem Sitze neben mir passiert, ist dann vollkommen egal und die goldene erste Regel verdrängt alles andere: "Fly the airplane"

Das Flugzeug geht vor, denn in der Luft können wir Bea oder anderen Passagieren nicht helfen und jede Sekunde, die wir mit dem Versuch zubringen, ist verschwendete Zeit. Im Gegenteil, um so schneller wir uns auf Flugzeug und Funk konzentrieren, um so schneller sind wir am Boden - und können helfen.

Die Kommunikation zwischen uns Beiden wird rein auf flugbetriebliche Dinge beschränkt, kein Blick nach hinten und kein Bewundern des schönen Ausblicks und falls doch - nicht darüber sprechen. In dieser Situation sind wir bei verschiedenen Gelegenheiten: Ein Anflug auf einen schwierigen Platz, Konzentration auf die Navigation, der Funk oder einfach nur Wetter- oder andere Entscheidungen die unterwegs und zumeist mit wenig Zeit zum Überlegen getroffen werden müssen.

Hört sich ziemlich dramatisch an, oder? So schlimm ist es aber nicht, denn in den allermeisten Fällen hilft gerade die gemeinsame Konzentration auf das Wesentliche, schwierige Situationen zu vermeiden und uns im Training zu halten. Fly the airplane - das Flugzeug geht vor.

Ein weiterer wichtiger Merksatz lautet "Aviaion - Navigation - Communication": Erst das Flugzeug fliegen, wenn dann noch Zeit ist, sich um Kurs und Position kümmern und erst danach der Funk, bleibt dann noch etwas Zeit übrig, kann diese für den Ausblick oder die Passagiere verwendet werden. Wenn man zu Zweit unterwegs ist, lassen sich diese Aufgaben wunderbar aufteilen und reduzieren die Arbeitsbelastung auf dem Pilotensitz deutlich.

Trotzdem kann ein Flugzeug nicht einfach so landen. Einer Landung muss ein sauberer, stabilisierter Endanflug vorausgehen, sonst endet der Landeversuch recht sicher in einem Durchstartmanöver und weiteren verlorenen Minuten. Ein sauberer Endanflug ist gleichzeitig langsam: Höchstens 70 Knoten (etwa 126 km/h) sollten wir beim Aufsetzen haben, je nach Wind vielleicht auch etwas mehr oder weniger - bei dieser Geschwindigkeit fühlt sich der Endanflug aber unglaublich lang und schneckenartig an.

Zurück zu Bea: Wenn wir mit ihr unterwegs sind ist auch immer ihr Notfallmedikament mit an Bord, dass in der Luft aber aus Platzmangel nicht gegeben werden kann, am Boden ist das kein Problem. Sollten wir in die Situation kommen, würde ich auf der Landebahn abbremsen und es sofort verabreichen. Realistisch gesehen sind dann zwar schon im besten Fall 5, vielleicht aber auch 10 Minuten vergangen, aber etwas anderes kann auch ein Arzt nicht machen. Wenn das Mittel einmal drin ist, kann man immernoch über alles weitere entscheiden - und in der Regel als erstes so schnell wie möglich die Landebahn räumen.

Ein großes Risiko besteht bei solchen Notfällen, und zwar immer dann, wenn Panik die Crew befällt. Natürlich kann ich nicht vorhersehen wie ich in einer solchen Situation reagieren würde, aber bei leichteren Störungen (die nicht in einem Mayday oder ähnlichem endeten) haben meine Frau und ich schon bewiesen, dass wir uns als eingespieltes Team aufeinander verlassen können.

Sind wir sicher, unterwegs tatsächlich immer schnell genug "runter" zu kommen? Nein, können wir nicht, genau so wenig wie wir im Auto sicher sein können oder überhaupt sicher sein können, einen Anfall rechtzeitig zu bemerken. Wenn wir uns davon leiten lassen würden, dürften wir allerdings das Haus nicht mehr verlassen und müssten Bea permanent im Auge haben (ok, seit dem Umzug auch nicht mehr).

 

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