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Noch mehr Probleme - Teil 2

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Im letzten Post ging es um den Hinflug mit eher persönlichen - also direkt flugbezogenen - Problemen, aber diese Trilogie soll auch von dem handeln, dass uns alle betrifft. Hier ist mein Fazit der 4. European General Aviation Conference, die von allerlei 4-Buchstaben Luftfahrtorganisationen organisiert wurde.

Prof. Dr. Elmar Giemulla, Präsident der AOPA Germany, eröffnete die Konferenz und zeichnete ein leicht bedrohliches Bild der GA, das in meinen Augen aber noch viel zu rosig ausgefallen ist. Wir haben nicht zwei Flugplätze (Tempelhof und Fürstenwalde) verloren, sondern alleine im Norden Peine, Lüneburg, Kiel, Bremerhaven und in Kürze vermutlich auch Lübeck, von den ganzen in aller Stille von einer Landebahn zu einem Kreuz im Kreis geänderten Flecken auf der ICAO-Karte ganz zu schweigen.

Weiter ging es ebenfalls mit Flugplätzen: Dr. Klaus-Jürgen Schwahn, Geschäftsführer des gastgebenden Flugplatzes Schönhagen, stellte die Probleme von Verkehrslandeplätzen wie Schönhagen vor. Stellvertretend für die ganzen grauenhaften Details sei an dieser Stelle nur auf zwei Dinge hingewiesen: Der überwiegende Großteil der Steuern, die direkt durch die Plätze erwirtschaftet oder durch sie erst ermöglicht werden, geht direkt in den Bundeshaushalt und verschwindet dort ohne jeglichen Luftfahrtbezug. Dagegen müssen die Kommunen die Flugplätze unterstützen und kein Platz kann sich alleine durch seine direkten Einnahmen finanzieren. Ein großes Problem, für das aber keine Besserung in Sicht ist.

Ein Thema, das Prof. Dr. Ulrich Desel im wesentlich aufnahm und fortführte. Er stellte klar, das private Investoren niemals mit einem Flugplatz Geld verdienen können, allenfalls durch indirekte Effekte wie beispielsweise NetJets (sofern Egelsbach jemals ein IFR-Anflug bekommt), die in Frankfurt/Main einfach nicht genug Slots bekommen um ihre Kunden dort aussteigen lassen zu können oder die wenigen "Werksflughäfen", die von großen Konzernen quasi für den Eigenbedarf unterhalten werden - hier schlägt die Zeitersparnis zwischen Firmensitz und Abflug die Kosten und wenn nebenbei noch die GA dort fliegt, stört das auch keinen.

Positivbeispiele gibt es wenige, aber - und das war der Lichtblick zum ganzen Flugplatzthemenbereich - es gibt sie. Sobald der Flughafen von einer engagierten Leitung als Chance begriffen wird, lässt sich meist auch Potential finden, wenn auch nicht direkt in der Luftfahrt oder GA. Innerdeutsche Flugverbindungen sind - abgesehen von den großen Verkehrsflughäfen - de-facto am aussterben, dafür muss noch nicht einmal die Bahn sorgen, die steigenden Kosten reichen dafür schon aus, aber wenn ein Flugplatz zu einem beliebten Freizeit-Ausflugsziel wird, wie beispielsweise der Quax Hanger in Paderborn/Lippstadt, dann steigen nicht nur Einnahmen, sondern gleichzeitig auch die Akzeptanz.

Dazu braucht es allerdings noch nicht einmal einen groß ausgebauten Verkehrslandeplatz mit entsprechenden Millioneninvestitionen, auch ein kleiner Vereinsplatz kann sich großer Beliebtheit erfolgen, wie beispielsweise Damme sehr schön zeigt, allerdings funktioniert auch das nur mit Engagement der Vereinsführung.

Der so schön betitelte Vortrag "Public Relation Falle Flugplatz" entpuppte sich leider im wesentlichen als Werbung für ein Unternehmen, das Großprojekte durch gezielte politische Lobbyarbeit unterstützt, allerdings halte ich es für mehr als fraglich dass sich kleinere Plätze diese Investition bei ohnehin schon klammen Kassen leisten könnten und ganz nebenbei ist es wenig effektiv, Werbung für politische Lobbyarbeit zu machen wenn direkt danach ausführlich dargelegt wird, dass politische Entscheidungsprozesse zunehmend an Bedeutung verlieren, wenn danach nur genügend Leute dagegen demonstrieren.

Auf der einen Seite wurde zwar darauf hingewiesen, dass Gegner von wasauchimmer (also auch Flugplätzen) durch Internet und soziale Netzwerke immer besser und enger vernetzt sind - der Hinweis, diese Medien selbst zu nutzen, fehlte allerdings vollkommen. Die AOPA hat diese Ignoranz an der falschen Stelle zwar bis vor kurzem selbst vorgelebt, ist mittlerweile allerdings bei Facebook vertreten und lebt die Nutzungsmöglichkeiten dieses Mediums vor, nicht zuletzt auch durch einen bebilderten Post direkt von der Konferenz.

Die Vorträge blieben sehr flugplatzlastig wurden aber nicht weniger grausam durch die Vorstellung der neuen, von der EASA in mühevoller Kleinarbeit verbrochenen Regelungen für Flugplätze. Auf die Straße übertragen fordert die EASA einen Sicherheitsstreifen in 10facher Fahrbahnbreite zwischen Fahrbahn und Fußweg und zwar für alle Straßen, von der privaten Grundstückszufahrt bis hin zur Autobahn. Klingt nach Unsinn? Ist es auch, aber anscheinend merkt das keiner. Problematisch wird es, weil die abstrusen Ideen der EASA nicht etwa Vorschläge, sondern fast automatisch Gesetze werden.

Das die EASA ein Bürokratiemonster mit einem sehr großen Wissensdefizit über die von ihr zur regelnden Bereiche ist, gehört mittlerweile bei allen Betroffenen zum Allgemeinwissen, nach den Vorträgen wird es allerdings schwierig, ihr weiterhin die alleinige Verantwortung zu geben, denn anscheinend darf jeder der noch weniger Ahnung von Luftfahrt hat (kaum zu glauben, gibt's aber doch) danach nochmal kräftig rumpfuschen bevor tatsächlich "Gesetz" drüber steht.

Ähnlich verlief der Vortrag von Dr. Michael Erb, dem amtierenden AOPA-Geschäftsführer, aber immerhin konnte er auch ein paar positive Nachrichten verkünden: Das Enroute-IFR und die damit einhergehenden Vereinfachungen der IFR-Ausbildung (bisher muss jeder Propeller-Instrumentenflieger die technischen und physikalischen Grundlagen von Airbus-Fliegern beherrschen) sind auf dem Weg und die Umsetzung ist sogar absehbar.

Für eine ungeplante Überraschung sorgte Udo Dehning vom Luftfahrtbundesamt, der in einem spontanen Kommentar Stellung zum Vortrag von Dr. Erb bezog. Bisher mussten Deutsche Ureinwohner mit umständlichen (und selbstverständlich teuren) Verfahren ihre Kenntnis der deutschen Sprache nachweisen, wenn sie ab April 2013 noch fliegen wollten. Typisch regulatorisch durchdacht hätte ich dann ohne entsprechenden Nachweis und amtliche Bestätigung nicht mehr funken dürfen, meine Frau - die nur das Sprechfunkzeugnis, aber keine Pilotenlizenz hat - allerdings schon.

Herr Dehning kündigte ein sehr unbürokratisches Verfahren für die sehr nahe Zukunft an, mit dem das LBA die Problematik bundesweit erschlagen will. Seine Andeutungen lassen ziemlich sicher darauf schließen, dass der Nachweis mit einem Formular-Download sein wird. Damit könnten sich nicht-deutschsprachige die dem Sprechfunkprüfer und auch dem Flugprüfer nicht vorhandene Deutschkenntnisse vorgetäuscht haben (wie auch immer das gehen soll, vor allem weil zur Praxisprüfung eine mündliche Prüfung gehört) zwar den Deutsch-Eintrag in die Lizenz recht einfach erschleichen, allerdings scheint sich das LBA darum glücklicherweise keine Sorgen zu machen.

Der Vortrag von Dr. Erb war ein inhaltlicher Lichtblick: Die Zukunft der deutschen Luftfahrt sie zwar rabenschwarz aus, aber mit wenigen einzelnen dunkelgrauen Flecken. Genau das Gegenteil repräsentierte der folgende Vortrag zweier EASA Task-Force Vertreter - mit dem ich mich nicht auf die Bühne gewagt hätte. Part M der EG-Verordnung 2042/2003 regelt die Instandhaltung von Flugzeugen. Für Linienmaschinen mögen diese Regelungen passend sein, aber die Anforderungen sind für Kleinflugzeuge i.d.R. schlichtweg finanziell oder organisatorisch nicht erfüllbar.

Wie kann man dann noch stolz präsentieren, möglicherweise bis Ende 2013 Abhilfe für nur die gröbsten Schnitzer schaffen zu wollen? "Möglicherweise", denn genau sagen wann die entsprechenden Gesetze nachgebessert werden, kann keiner. Die EASA-Regelungen wirken wie blinder Aktionismus: Es muss etwas gemacht werden. Warum? - Keine Ahnung. Was? - Keine Ahnung, Hauptsache irgendwas. Ob dabei die Sicherheit auf der Strecke bleibt - vollkommen egal, Hauptsachen wir haben etwas gemacht.

Die folgenden Beiträge über die Business Aviation in Zahlen (Christoph Kohler) und GA in China (Prof. Dr. Andreas Timmermann) waren interessant, aber nicht mein Themenbereich. Wie auch in der Privatfliegerei scheint es hier zwei grundsätzliche Probleme zu geben: Außendarstellung und Onlinepräsenz. Die Business Aviation wird von Vielen als Luxusflugzeuge mit unendlichem Champagnervorrat gesehen - ein Bild das falscher nicht sein könnte, aber immer noch von vielen Charterunternehmen gepflegt wird. "Privatjets" werden, so belegen die Zahlen, hauptsächlich zur Kostensenkung eingesetzt, denn sie ermöglichen viel kürzere Flugzeiten als Linienflieger (z.B. 11 Stunden inkl. Umsteigen gegen 2 Stunden Direktflug) und sind - berücksichtigt man die Nebenkosten einer Reise - gar nicht teurer als normale Flugtickets.

Allerdings wird es dem interessierten Kunden nicht unbedingt leicht gemacht, denn Online finden sich nur wenige, sehr verstreute Angebote, Verfügbarkeiten und Preise erfährt man i.d.R. nur telefonisch.

Insgesamt gibt es viel zu tun, aber getan wird wenig. Die Luftfahrt - egal in welchem Bereich - steht vor großen Problemen die immer größer werden. Ich bin kein Lobbyist, PR-Genie oder Millionär und versuche trotzdem das Bild der allgemeinen Luftfahrt zumindest ein kleines bisschen zu korrigieren. Dabei braucht es kein Schönreden, wenn nur ein kleiner Teil der Vorurteile und Fehlannahmen beseitigt werden könnte, wäre schon sehr viel gewonnen, aber in Anbetracht der aufkommenden Probleme scheint es sehr fraglich, wie lange Luftfahrt überhaupt noch möglich sein wird.

Die Folgen werden häufig erst später sichtbar: In den USA hängen an jedem Job im Bereich des Flugplatzes drei Arbeitsplätze in anderen Branchen, jeder Dollar der am Flughafen ausgegeben wird, bringt 1,52 Dollar zusätzliche Wirtschaftskraft in die Region. Aus Europa gibt es derartige Zahlen nicht (wäre das nicht ein tolles Thema für eine Diplomarbeit?), aber Städte und Regionen die zu hohe Steuereinnahmen und zu wenig Arbeitslose haben - wie beispielsweise Bremerhaven - arbeiten konsequent auf die Schließung jedes einzelnen Flugplatzes in Deutschland hin.

Hat sich der Besuch gelohnt? Ja, alleine der Flugplatz Schönhagen war einen Besuch wert, die Flugzeit und als Krönung noch eine Nachtlandung reichen dafür schon (auch wenn ich lieber mit meiner Familie geflogen wäre). Von der Konferenz habe ich viele neue Informationen mitgenommen, allerdings scheint entweder niemand konkrete Lösungsansätze für notwendig zu erachten oder es gibt schlichtweg keine.

 

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