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Blog-Battle #20: Selbstverständlichkeit

Für Euch ist es eine Selbstverständlichkeit, jeden Sonntag an dieser Stelle einen neuen Battle-Post zu finden, den Ihr abwerten könnt. Ihr denkt gar nicht darüber nach, dass in so einen Post eine Woche nachdenken und zwei bis drei Stunden Arbeit stecken. Genau so selbstverständlich ist es, dass ich Sonntag Nachmittag nochmal ein bis drei Stunden damit verbringe, Eure Texte möglichst wohlwollen zu bewerten.

Ich könnte mich noch über eine ganze Reihe anderer Selbstverständlichkeiten aufregen, zum Beispiel, dass es für einige Kollegen und Kunden eine Selbstverständlichkeit ist, dass ich schon drei Stunden gearbeitet habe, wenn sie um zehn im Büro aufschlagen und sie mich trotzdem um halb sieben Abends noch anrufen können. Dann betrachte ich es aber auch als Selbstverständlichkeit, dass ich nebenbei beim Telefonieren am Herd stehe. Als Arbeitszeit zähle ich das sowieso nicht, höchstens als Küchenarbeitszeit, aber die bekomme ich - selbstverständlich - nicht bezahlt. Zumindest nicht mit Geld, sondern eher mit einem "Ich mag das nicht!!!" von Zoe noch bevor sie weiß oder sieht, was Papa da wieder in der Küche verbrochen hat.

Aber da Ihr Meckerposts nicht mögt, lassen wir das mal bei Seite und regen uns über diverse andere Dinge auf. Dazu gehört die Selbstverständlichkeit, am Tisch zu sitzen wenn das Essen fertig ist (und es genug Vorwahnungen mit abnehmenden Minutenzahlen gab). Für andere hier - insbesondere die unter einsfünfzig - ist es genau so eine Selbstverständlichkeit, sich dann erst langsam geistig auf die Nahrungsaufnahme vorzubereiten. Selbstverständlich muss dazu erst die laufende Tätigkeit (Spielen, Malen, Lesen, Schmollen, etc. pp.) langsam zu Ende gebracht werden.

Gelegentlich schockt mich das Leben aber mit ganz anderen Selbstverständlichkeiten, die anscheinend nicht für alle selbstverständlich sind. Gestern zum Beispiel. Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, vor einer roten Ampel anzuhalten, auch auf einer Linksabbiegerspur und erst recht wenn an allen Zufahrten zur Kreuzung Autos auf ihr persönliches Grün warten (unpersönliches gab es genug, denn neben den Straßen standen überall Bäume, aber das tut gerade nichts zur Sache). Zwei Autos vor uns wartete ein bemitleidenswerter Mensch mit dickem Rohr. Bemitleidenswert, weil sich selbiges nicht an seiner Hüfte, sondern am hinteren Ende seines beräderten Belchhaufens mit * vorne drauf befand. Kurz nachdem unser Grün einem Rot weichen musste, schehrt er unter lauten, benziengenährten Brunftrufen nach rechts aus der wartenden Autoschlange, überholt drei, vier andere Blechsärge, biegt links quer über die Kreuzung ab, nur Sekunden bevor der - grün-berechtigte - Querverkehr diese für sich in Anspruch nimmt - und steht wartend an der nächsten Autoschlange. Zoe regt sich über solche Zeitgenossen am meisten auf. Sie ist noch zu jung, um zu verstehen was ein Kompensationsauto ist...

Zoe's Erschöpfungsschlaf nach dem KindergartenZurück zu den Selbstverständlichkeiten. Davon gibt es bei Kinden so einige. Für einen kleinen Milchsauger ist es selbstverständlich, dass sich eine Frau für ihn entblößt, sobald der Jungvampier ein entsprechendes Verlangen verspürt. Das ist auch in Ordnung, allerdings auch so ziemlich das Letzte im Kinderleben, was allgemein als Selbstverständlichkeit zu gelten scheint. Ich rede schon gar nicht mehr von "Bitte" und "Danke" (was - wie ich zugeben muss - Bea bis heute konsequent verweigert, aber Zoe wird bei jeder Gelegenheit dazu ermahnt und schafft es gelegentlich auch schon alleine), aber das diese Wörter in immer mehr Familien gefluchten Exkrementen weichen, scheint auch immer selbstverständlicher zu werden.

Aber was dem einen selbstverständlich scheint, ist dem anderen unverständlich. Am deutlichsten zeigt sich das bei den beiden Gruppen, in die sich unsere Gesellschaft unterteilt. Jeder Mensch ist entweder das eine oder das andere (lassen wir die Kinder mal außen vor, für sie ist der "kleine Unterschied" noch ziemlich irrelevant) und an dieser eigentlich relativ unbedeutenden Unterteilung hängt wiederum so viel: Sie hat Auswirkungen auf das Einkommen, auf Vorlieben und Freizeitbeschäftigungen. Die Rede ist natürlich von "Eltern" und "Nicht-Eltern".

Mit einer für Unfortgepflanzte absolut unverständlichen Selbstverständlichkeit heben die mit weniger Verhütungsintelligenz ausgestatteten den runtergeworfenen Schnuller auf, stecken ihn in die dafür vorgesehene Öffnung (das sie Dinge in dafür vorgesehene Öffnung stecken können, ist durch die Existenz des Schnullerwerfers selbstverständlich schon unzweifelhaft bewiesen).

Mit der gleichen Selbstverständlichkeit unterbrechen sie in den ersten Jahren der Schnullerwerferexistenz freudig ihre Nachtruhe um die Gelüste des zukünftigen Fachkräftemangelbehebers zu befriedigen. Ihre eigenen Gelüste haben sie sie ja schon mindestens einmal... aber das hatten wir schon. Danach stehen sie mit der gleichen Selbstverständlichkeit dreizehn bis sechzehn Jahre lang jeden Morgen rechtzeitig auf, um den Sprößling wenigstens ein paar Stunden in Kindergarten oder Schule abschieben zu können.

Mit der gleichen Selbstverständlichkeit geben sie ihre finanzielle Freiheit ab. Kinderlose schimpfen gerne auf böse Ausbeuterbetriebe, deren Chefs und Berliner Politiker (nicht zu verwechseln mit frittierten Teigbällchen, wobei auch Berliener Politiker bestimmt zuweilen mit Marmelade gefüllt sind), aber sie haben einfach gar keine Ahnung. Für die andere Bevölkerungsgruppe ist es eine Selbstverständlichkeit, das hart erarbeitete Geld in den Dienst ihrer Kinder zu stellen. Ausbeutung in Perfektion, denn die Opfer freuen sich sogar darüber, ausgebeutet zu werden. Da heißt es "schau mal, das hier haben sie im Kindergarten gebastelt" und der Zusatz "für den 20% meines Gehalts draufgehen" wird einfach ignoriert. Selbstverständlich.

Bevor ich mich jetzt noch weiter in diesem Meckerpost verlaufe und die Blog-Battle-Selbstverständlichkeit, keinen Post schlimmer als mit 3 zu bewerten, auf eine zu harte Probe stelle, beenden wir die heutige Vorstellung lieber an dieser Stelle.

Mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie ich haben sich folgende andere Selbstverständlichkeiten auch in dieser Woche wieder dem Blog-Battle-Dikatat unterworfen:

1. Schakal mit seinen Gedankenwelten
2. Ichigo Komori mit ihrem "The music box of a morbig wonderland"
3. Das Wetterschaf mit Schafen, Wetter und so
4. Chelsea mit ihren vielen Dingen
5. Justine von Justine
6. The Lisa/Lilly
7. die Laura
8. the Lord himself - der für die Selbstverständlichkeit der nächsten Woche verantwortlich ist. Mir graults jetzt schon...

 

6 Kommentare. Schreib was dazu

  1. Schakal

    Schöne kleine Spitzen einggebaut. Für mich einer deiner besten Beiträge. :) 1+

  2. Fürchte dich, fürchte dich fürchterlich! Am Rande erwähnt, das Notensystem geht von 1-6, also kann man auch von allen Zahlen Gebrauch machen. Ob sich darüber jemand freut oder nicht, sei dahin gestellt. Selbstverständlich erwarte ich von dir eine perfekte Rechtschreibung und wurde perfekt enttäuscht, so dass ich diesmal, auch und gerade wegen des etwas komischen Textes, der gar nicht deiner Natur entspricht, dich diesmal sogar mit einer "3" abmahnen muss.

  3. Eine 2 - setzen.

  4. Der Anfang wirkte auf mich ein wenig so als wenn du von alldem genervt wärst, was mich ein wenig gewundert hat. Danach wurde es aber besser. Ich gebe dir eine 2+.

  5. Laura

    Dein "Meckerpost" gefällt mir eigentlich sehr gut. Eine 1-.

  6. Da fehlt dein sonst üblicher Humor, den ich als selbstverständlich sehe :P

    2-

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