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Letzter Ausweg: Dessau

Zwei Tage vor dem unvermeidlichen Ende des vergangenen Jahres 2013 (möge es in Frieden ruhen) reifte am letzten Sonntagnachmittag des in den letzten Atemzügen liegenden Jahres in unseren Köpfen eine Idee: Wir haben beide Urlaub, der Kiga ist zu und die Wetterprognose für Montag ist ziemlich blau, also warum sollten wir nicht einen letzten Aus-Flug 2013 machen. Als Ziel wählten wir Dessau, nahe der Heimat des lieben Wetterschafes (vermutlich war dieses auch dafür verantwortlich, dass das Flugwetter ganz passabel war).

30.12.2013_001.jpgEin paar Recherchen und es schien alles zu passen: Wetter ok, Dessau ist im Winter geöffnet und beim Vercharterer war sogar noch ein Flugzeug frei. Also *klick* und buchen... denkste. Ich durfte nicht mehr reservieren, weil mein Medical abgelaufen war. Das hatte ich zwar verlängern lassen, aber im Buchungssystem war die Verlängerung noch nicht angekommen. Zum Glück gibt es Internet und Chats, also war das Problem schnell gelöst und die Flugplanung Hannover - Dessau - Hannover konnte losgehen.

Am nächsten Morgen noch schnell das Wetter abgerufen, eingerechnet, Flugplanung ausgedruckt, alles zusammengepackt, NOTAMs abgerufen. Stop, kurze Erklärung: NOTAMs sind quasi der Verkehrsfunk für Piloten. In der AIP (quasi dem höchstoffiziellen Flugplatzverzeichnis) stehen alle wichtigen Daten, wenn sich irgendetwas ändert (wie Öffnungszeiten, Treibstoffverfügbarkeit, Funkfrequenzen oder Beschränkungsgebiete), wird das in den NOTAMs veröffentlicht. Deswegen müssen diese auch maximal zwei Stunden vor dem Start abgefragt werden - falls beispielsweise der Zielflugplatz kurzfristig gesperrt wurde.

30.12.2013_009.jpgAlso weiter: NOTAMs abgerufen... Schock. Dessau ist zwar normalerweise im Winter täglich geöffnet, aber zwischen Weihnachten und ein paar Tage nach Neujahr wurde per NOTAM eine Ausnahme verbreitet: Platz geschlossen, nur PPR. Wir hätten also 24 Stunden vorher anrufen und den Platz öffnen lassen können, um dort zu landen - normalerweise mit verbunden mit dreistelligen Gebühren pro Öffnungsstunde.

Nun, es gibt noch mehr Flugplätze, auch in der Nähe von Dessau, aber bei diesen bot sich das gleiche Bild. Einzig Leipzig/Halle fühlte sich genötigt, zwischen den Jahren keinen Urlaub zu machen, aber bis dorthin wäre es ein ganzes Stück mehr Strecke und Flugzeit gewesen, außerdem ist die Gebührenordnung dort etwas undurchsichtig: Landegebühren waren ok, aber wie in Rostock war nicht ganz klar, was für einfallsreiche Gebühren noch dazu abgerechnet werden.

30.12.2013_027.jpgErst ein Anruf in Dessau rettete uns den Tag: Tatsächlich hatte jemand ab 10:00 Uhr drei Stunden PPR bezahlt und damit war der Platz geöffnet. So wurde unsere erste Zielwahl gleichzeitig auch zur einzigen Möglichkeit, wenn auch wesentlich kürzer als eigentlich geplant. Sicherheitshalber hatten wir genug Sprit dabei, um notfalls bis nach Hannover zurückfliegen zu können.

Das Wetter war eigentlich ganz in Ordnung, aber leider stand der Wind genau quer zur Bahn und das mit 8 bis 10 Knoten. Die Cessna 172 D-EXBS erlaubt maximal 15 Knoten direkten Seitenwind, die TB200 D-EFHM ein wenig mehr, aber sich an die von Testpiloten erflogenen Maximalwerte heranzuwagen ist in etwa wie der Versuch, den in der Werbung versprochenen Verbrauch eines Autos zu erreichen. Letztendlich - und das hat mich schon gewundert - haben wir gar nichts vom Seitenwind gemerkt, weder beim Start noch später bei der Landung in Dessau.

30.12.2013_098.jpgNach dem Start ging es über die Echo-Strecke raus aus dem Luftraum Hannover und danach erstmal weiter nach oben, um den Luftraum von Braunschweig zu überfliegen. Eine ansich unnötige Vorsichtsmaßnahme, denn auch hier herrschte ein Jahresend-Dornröschenschlaf.

Oben erwarteten uns blauer Himmel und ruhige Luft. Die FIS-Frequenz von Bremen Information war ziemlich ruhig - anscheinend haben nicht sehr viele das gute Flugwetter auch genutzt. Die Aussicht war zweigeteilt: In Richtung Sonne waren zwar mehr als 10 Kilometer Sicht, aber nicht so viel mehr, denn Sonne und übliche Winterluftfeuchtigkeit ließen alles recht bald weiß werden. Mit der Sonne im Rücken sah die Welt ganz anders aus, man konnte viel weiter sehen - aber unsere Flugroute führte eher in Richtung Sonne als davon weg und nach dem Schmuddelwetter der vergangenen Wochen war ein wenig Licht ganz angenehm.

Kurz vor Magdeburg habe ich es einfach mal versucht und tatsächlich war Magdeburg Info besetzt - allerdings nicht, weil der Platz geöffnet war, sondern weil jemand dort mal nach dem rechten sehen wollte und unseren Funkruf zufällig gehört hatte. Damit erledigte sich der Plan, eventuell auf dem Rückflug dort eine Zwischenlandung einzulegen.

30.12.2013_139.jpgDie Platzrunde von Dessau ist etwas unförmig, ließ sich aber am Ende doch ganz gut finden: Zwischen zwei Vororten durch, vor der einzigen Fabrik im Umkreis links abbiegen und langfliegen, noch eine Linkskurve in den Endanflug, volle Landeklappen und schon waren wir auf dem heute nur ausnahmsweise geöffneten Platz.

Vorbei an einer alten Antonov AN-2 parkten wir nach Anweisung - mitten auf dem Rollweg. Nicht ganz alltäglich, aber wenn wir dort parken sollen, parken wir dort. Am Flugplatz erwartete uns überraschenderweise das liebe icon_sheep.pngWetterschaf. Er führte uns durch Dessau, zum Bauhaus, dem Stadtpark und einer ziemlich windschiefen Brücke.

Im Stadtpark steht eine Sonnenuhr und als einziges mir bekanntes Modell zeigt sie neben der Uhrzeit auch noch den aktuellen Monat an. Auf der anderen Seite ist eine besondere Uhr angebracht: Dort kann man ablesen, in welcher Stadt der Erde es gerade Mittag ist. Eine sehr schöne Gelegenheit um Zoe die Zeitzonen mal praktisch zu zeigen, schließlich fragt sie uns immer wieder, wie spät es gerade in Amerika oder Asien ist.

Die windschiefe Brücke kannte ich schon von den Wetterschaf'schen Hochwasserfotos 2013, aber Zoe hat sich gar nicht wieder einbekommen. Warum die Brücke schief sei, wollte sie wissen und warum man sie nicht einfach wieder gerade macht. Wie erklärt man einer fünfjährigen, dass hier einfach ein Architekt seine künstlerische Ader ausgelebt hat?

30.12.2013_190.jpgDas war's dann auch mit Dessau, denn für einen längeren Aufenthalt hätten wir selbst PPR-Gebühren zahlen und so die ungeplante Öffnungszeit verlängern müssen. So starteten wir früher als ursprünglich geplant Richtung Heimat. Über Magdebug-Cochstedt, Salzgitter und Hildesheim führte und der Weg über die Anflugstrecke Lima und Echo2 zurück nach Hannover.

Dort erlebten wir wieder einmal, was mit ein klein wenig gutem Willen problemlos möglich ist: Etwa zeitgleich mit uns meldete sich ein anderes Kleinflugzeug an, dass den hannoverschen Luftraum von West nach Ost durchfliegen wollte. Wir flogen wie geplant weiter und sahen den anderen schräg über uns (er wollte nur durch, wir wollten landen, waren demnach auch tiefer). Normalerweise bekommt man spätestens bei Echo2 die Freigabe für einen Direktanflug, aber dieses Mal schob sich eine 737 dazwischen, die auch in Hannover landen wollte. Also weiter entlang der A2, mittig quer über den Flughafen, zwei Rechtskurven und wir waren wieder auf der Nordbahn, auf der wir auch gestartet waren. Kleinflugzeuge und Linienverkehr sind mit ein wenig Rücksicht gemeinsam möglich, auch wenn einige wenige Flughäfen und ein Oberbürgermeister in Deutschland etwas anderes predigen.

PS: Wer von der Energiewende noch nichts gesehen hat, sollte sich das letzte Foto mal im Großformat anschauen - auf dem Rückweg sahen wir immer wieder Herden von Windrädern, die treu ihren Dienst verrichteten.

 

2 Kommentare. Schreib was dazu

  1. Schöner Artikel =)
    und ich erkenne die Sonnenuhr bei uns im Stadtpark wieder und deinen blog-namen auf dem Y-Haus :P
    Hab beim Lesen erst überlegt, auf was sich deine Flugplatzrunde bezieht und komme schließlich von der Fabrik auf die stadtwerke mit dem Turm und eins der beiden Vororte sollte Mosigkau sein :D

    und weiß zoe schon warum der eierschneider (muldbrücke) schief ist? :D


    lg schafi

    • Sebastian

      Der Ortsname stimmt und auf der Karte gibt es nur ein "Fabrik"-Symbol für alles was einen hohen, vorzugsweise noch in Betrieb befindlichen Schornstein hat.
      Ja, der Blog-Name am Y-Haus... ich fliege nur an Orte, an denen ich vorher Werbung geschaltet habe, wie soll man sonst seine Fotos gegen Fotoklauer schützen :)

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