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Die Fernsehfalle

Zoe wächst in einer Medienwelt auf, die wir uns als Kinder nicht einmal vorstellen konnten. Der erste Computer den ich benutzen durfte, hatte einen 12-Zeilen-Bildschirm. Grüne Buchstaben, schwarzer Hintergrund - das war die gesamte Farbgebung, dazu 64 kB RAM und 2,5 MB Wechselplatten fast so groß wie Autoreifen.

1400493206_HP-TV-Dock-512.pngZoe dagegen darf quasi immer mein Android-Tablet benutzen - wenn sie vorher fragt. Gigabyteweise Flashspeicher, dazu ein Full-HD-Touchscreen und WLAN um jederzeit mit der ganzen Welt kommunizieren zu können. Unterwegs ist das Smartphone ständiger Begleiter: Ähnliche Leistung auf noch kleinerem Raum.

Unser Fernseher ist dagegen eher selten in Benutzung. Zoe schaut sich gelegentlich ein, zwei Folgen ihrer Lieblingsserien an, üblicherweise Aufzeichnungen. Jede Folge sofort verfügbar, so ist sie es gewohnt.

Kürzlich wurde ich auf Facebook sogar dafür kritisiert. Android würde nicht zu den Erziehungstheorien von Waldorf passen. Die Nutzung von Touchscreengeräten würde auch nicht in ihr Erziehungskonzept passen, meinten einige Eltern.

Ich für meinen Teil habe kein Erziehungskonzept, zumindest habe ich nichts derartiges definiert und trotzdem scheint Zoe ganz gut zu gedeihen. Zumindest hat die ständige Verfügbarkeit moderner Medien zu einer Normalität geführt. Weder Fernsehen noch Apps sind etwas besonderes für sie und das hat vermutlich viel dazu beigetragen, dass sie bereits jetzt ziemlich verantwortungsvoll damit umgeht.

Zum Tablet greift sie alle paar Tage, der Fernseher läuft auch nicht viel öfter. Beides benutzt sie eine halbe Stunde, vielleicht auch eine ganze und dann witmet sie sich wieder ihren Malstiften, dem Garten oder dem nächsten Spieldate mit einer Kindergartenfreundin.

Als ich heute morgen ins Wohnzimmer kam, saß sie vor dem Fernseher und ausnahmsweise lief Live-Fernsehen. Kika, der Kinderkanal von ARD und ZDF zeigte irgend eine Zeichentrickserie, die normalerweise nicht zu unserem Sortiment gehört. Danach kam wieder etwas anderes. Und dann Siebenstein. Und Löwenzahn.

Natürlich sind das alles Kindersendungen und sie sind bestimmt auch pädagogisch wertvoller als der inhaltslose Schwammkopf, aber trotzdem habe ich mein Kind kaum wiedererkannt. Abgeschaltet hatte sie und nahm nur noch flimmernde Bilder auf.

Aufgezeichnete Folgen sind irgendwann zu Ende. Um die nächste sehen zu können, muss man sie aktiv auswählen und starten - Livefernsehen nimmt einem das ab, immer folgt eine weitere Sendung. Immer möchte man nur noch kurz sehen was als nächstes kommt - um dann doch wieder dabei hängen zu bleiben.

Auch Kika lebt von Zuschauerzahlen und eine bitte-jetzt-abschalten-und-spielen-gehen - Pause wäre nicht sonderlich Zuschauerfördernd. Trotzdem bleiben wir doch lieber bei den Aufzeichnungen.

1400493247_android-phone-color.pngIch bin froh, dass Medien aller Art für Zoe so normal sind, denn irgendwann - vermutlich schon in den nächsten 3 bis 5 Jahren - wird sie das Internet für sich entdecken. Schon heute schaut sie fast jeden Morgen auf die Flugwetterkarten (die wesentlich genauer als normale Wetterkarten sind). Sie weiß, wie das Bookmark-Icon der DWD-Flugwetterseite aussieht und wo sie klicken muss, um Regenradar und das Meteogramm für Hannover abzurufen, das sie dann auch schon selbst "liest", wenn auch natürlich noch längst nicht vollständig.

Wenn sie lesen und schreiben kann, wird sich ihr auch das Internet vollständig öffnen und dann möchte ich sie mit möglichst wenigen Einschränkungen surfen lassen. Dazu gehört allerdings auch, dass sie sich besser über die Gefahren im Klaren ist, als es Amanda Todd war. Momentan sieht es ganz danach aus, als ob dieser Plan aufgehen würde.

Wie seht Ihr das? Sollten Kinder lieber frei von technischen Dingen aufwachsen, weil sie später den Umgang ohnehin noch früh genug lernen oder bringt der frühe Kontakt später vielleicht sogar einen Vorteil?

 

2 Kommentare. Schreib was dazu

  1. Lili

    Ich hatte auch sehr früh das Glück technische Geräte zu nutzen. Ich habe genau deine Erziehungsmethode erleben und kann mich nicht beklagen... Wenn man viel Freiheiten hat aber immer noch die Grenzen aufgezeigt wird, bei mir war das du darfst an den pc aber nur 1stunde und ich durfte währenddessen nur die eingespeicherten Kinderseiten benutzen. Fand ich okay, weil ich hatte Verantwortung und gleichzeitig richtig viel Spaß.
    Ps: ich empfehle Karlchen Krabbelfix ;)

  2. Sandra

    Ja, Hauptsache, es bleibt alles im Rahmen. Wenn die Kinder dann gar nicht mehr vor die Tür gehen und stattdessen nur noch vorm TV / Tablet / Handy / Laptop sitzen, ist nicht gut.
    Jedoch gehören natürlich diese Geräte (mittlerweile) zu unserem Alltag - deshalb sollte man die Kinder natürlich dran gewöhnen. Von daher: Ein gutes Mittelmaß ist - finde ich - das beste.
    LG, Sandra

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