Seitenanfang

Wohnungsbesichtigung

Dieser Post wurde aus meiner alten WordPress-Installation importiert. Sollte es Darstellungsprobleme, falsche Links oder fehlende Bilder geben, bitte einfach hier einen Kommentar hinterlassen. Danke.


Nach und nach ist uns in den letzten Jahren klar geworden, dass große Veränderungen in unserer Familie anstehen, so schnell wie es sich jetzt abzeichnet hatte allerdings keiner damit gerechnet.

Bei Bea's Geburt war noch alles normal, erst als es auf den Kindergarten zuging wurde uns langsam klar, dass etwas nicht stimmt. Mit der Zeit entfernte sich ihr körperliches immer weiter vom geistigen Alter, dass bei etwa 18 Monaten stehen blieb. Nächsten Monat wird sie 13 Jahre und Besserung ist nicht in Sicht. Irgendwann wurde uns klar, dass sie es niemals auf einen Stand schaffen würde, der für selbstständiges Leben ausreichend wäre und etwa vorletztes Jahr hatten wir beschlossen, sie irgendwann zwischen 16 und 18 in entsprechende professionelle Betreuung zu geben.

Die letzten zwei Jahre haben allerdings einiges verändert, vor Allem letztes Jahr wurde ihre Pflege zunehmend schwieriger und aufwendiger. Bei aller Liebe zum Kind freut sich vermutlich jedes Elternpaar wenn das eigene Kind selbstständiger wird und mal ein paar Tage "Urlaub" bei Oma und Opa macht oder eine Nacht bei einer Freundin schläft.

Bea wird nicht selbstständiger, wenn sie nicht gerade in der Schule ist benötigt sie quasi ständige Aufsicht. Ist sie nicht in der Schule, kann sie maximal für eine halbe oder ganze Stunde alleine in ihrem Zimmer spielen, allerdings auch das nicht ohne regelmäßige Kontrollblicke, denn der nächste Anfall kommt immer oder sie weitet ihr Spiel auf alle Zimmer aus - mit allem was darin in Reichweite einer fast 13jährigen steht.

Bea's Großelten lieben ihr erstes Enkelkind, aber mehr als gelegentlich ein paar Stunden Aufpassen lassen Gesundheit und Kräfte auch nicht mehr zu - zumal Bea ohne ihren gewohnten Tagesablauf schnell sehr wehrhaft wird. Wenn nicht gerade eine der immer selteneren Klassenfahrten ansteht ist sie entweder in der Schule oder bei uns.

In der zweiten Jahreshälfte 2011 wurde die Situation vor Allem zwischen Mama und Bea schwieriger, zusammen mit einigen anderen Faktoren wird es langsam zu viel, auch wenn es zwischendurch bessere Phasen gibt. 16 - 18 ist noch so lange hin und trotz der Grundsatzentscheidung hatten wir uns mit Bea's Auszug noch nicht wirklich auseinandergesetzt, aber es zeichnete sich immer mehr ab, dass es so lange nicht mehr gut gehen wird. Mama wäre bis dahin vermutlich ein nervliches Wrack und auch meine langjährige Ruhe und Geduld beginnt ungewollt langsam zu schwinden.

Sehr schweren Herzens fassten wir Ende letzten Jahres den Entschluss, Bea wohl schon dieses Jahr weg zu geben. Es mag selbstsüchtig klingen, aber es ist wohl auch für sei das Beste.

Die Optionen halten sich in Grenzen: Für das Pflegeheim für schwerst Mehrfachbehinderte in Schulnähe ist sie zu fit und mobil, die Pestalozzi-Stiftung hier im Ort hat zwar ein riesiges Gelände und umfangreiche Einrichtungen - nimmt allerdings nur Kinder mit speziellen Behinderungen und Erwachsene auf. Ich könnte jetzt noch alle weiteren Einrichtungen aufzählen, aber letztendlich passend wäre nur ein Heim über anderthalb Autostunden von hier entfernt.

Durch Zufall hatte ihrer Lehrerin jetzt allerdings von einem anstehenden freien Platz in einer Wohngruppe in Hannover erfahren, die wir heute gemeinsam besucht und angeschaut haben. Insgesamt 10 Kinder, 5 Erzieher und Pflegefachkräfte und eine familiäre Atmosphäre die weit über normale Pflege hinaus geht. Die Kinder decken von leichten chronischen Erkrankungen bis hin zu schweren geistigen Behinderungen alles ab, Bea wäre - dem heutigen Eindruck nach - zwar der zweitschwerste Fall dort, aber nicht nur Willkommen sondern auch gut aufgehoben - und nur etwa eine halbe Fahrtstunde entfernt, so dass regelmäßige Besuche oder Wochenenden zu Hause problemlos möglich wären.

Jedes Kind hat dort sein eigenes Zimmer mit "normaler" Kinderzimmereinrichtung - sofern medizinisch möglich. Dazu gibt es eine Küche, ein Esszimmer, einen Sportraum und zwei große Spielzimmer. Alles ist liebevoll eingerichtet und die Wände der Flure und gemeinsam genutzten Räume werden von wilden Tieren bewohnt. Alle Räume sehen aus als wären sie innerhalb der letzten zwei Jahre gebaut oder vollständig renoviert worden und die Gruppe unternimmt Vieles bis hin zu gemeinsamen Urlauben an der See.

Allerdings hat die Sache einen Haken: Die Kleingruppe ist auf Beständigkeit ausgerichtet, Wechsel der Belegschaft sind sehr selten und die Gruppenstärke liegt fix bei 10 Kindern. Ein Junge ist jetzt mit 19 Jahren mit der Schule fertig und geht in Kürze wieder nach Hause. In Kürze bedeutet in diesem Fall: Nächste Woche. Auch wenn wir uns damit auseinandergesetzt hatten - so schnell sollte es eigentlich doch nicht gehen. Ein paar Wochen braucht das Team vor Ort um einige interne Umzüge von Kindern zu organisieren und die Gelegenheit jeweils zum Streichen der jeweils freien Zimmern.

Die endgültige Entscheidung ob sie Bea aufnehmen würden fällt erst im Laufe der nächsten Woche, aber Leiterin und Vertretung haben sich bereits dafür ausgesprochen. Der Platz kann allerdings nicht endlos freigehalten werden, Bea müsste dann im Laufe des Februar oder spätestens März dort einziehen - was uns unter ziemlichen Zeitdruck setzt und quasi keine Vorbereitungszeit lässt.

Trotz allem Aufwand und aller Besonderheiten lieben wir Bea und der Gedanke dass sie auf einmal nicht mehr jeden Tag da ist... es ist derzeit nicht vorstellbar, es würde etwas fehlen. Bei einer Klassenfahrt ist das etwas vollkommen Anderes, weil befristet, aber... für immer? Realistisch gesehen wird sie mit 18 in eine andere Einrichtung wechseln, falls nicht medizinische Gründe vorher etwas anderes erfordern würden.

Von Schule, Freunden, Ärzten und auch den Betreuern dort heißt es immer: "Die Entscheidung ist richtig, 13 Jahre Pflege sind ein unglaubliche Leistung, ich hätte das nicht geschafft." Das mag die Zweifel etwas reduzieren, aber leichter kann es die Sache auch nicht machen.

Ich kann meine Gefühle beim Schreiben dieser Zeilen nicht wirklich in Worte fassen, vorhin war ich ruhig und sachlich - wie eigentlich immer wenn es um Bea's Gesundheit geht - aber jetzt kocht gerade alles hoch. Logisch gesehen ist es wohl wirklich die beste Lösung, aber gefühlt bleibt es falsch.

Wir wissen auch noch nicht welche Kosten auf uns zukommen würden, aber das hat bisher noch nie unsere Entscheidungen bezüglich Bea (oder Zoe) beeinflusst und wenn es irgendwie geht, soll es auch dabei bleiben.

Danke für's Lesen.

 

3 Kommentare. Schreib was dazu

  1. Roman

    Ich wünsche euch alles Gute und ganz viel Kraft. Die Entscheidung fällt sicherlich nicht leicht.

  2. Sebastian

    Danke! Die Entscheidung steht quasi schon fest, auch wenn wir es wohl erst wirklich realisieren werden, wenn es soweit ist.

  3. oh man...deine Worte zu lesen treibt mir übelst viele Tränen in die Augen...ich wünsche euch ganz viel Kraft weiterhin

Schreib was dazu

Die folgenden HTML-Tags sind erlaubt:<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>